Am 1. Juni 2021 gaben die Unternehmen Daimler und Nokia bekannt, dass sie ein Patent-Lizenzabkommen unterzeichnet haben und damit den jahrelangen Patentstreit beilegen. Daimler und Nokia einigen sich, im Rahmen der Vereinbarung lizenziert Nokia die Mobilfunktechnologie an den Auto – Hersteller Daimler und erhält im Gegenzug eine Zahlung in unbekannter Höhe. Der Grund: Daimler und Nokia vereinbarten, dass die Bedingungen der Vereinbarung vertraulich bleiben (Quelle: https://media.daimler.com/marsMediaSite/de/instance/ko/Gemeinsame-Pressemitteilung-der-Daimler-AG-und-Nokia-Daimler-und-Nokia-unterzeichnen-Patentlizenzvertrag.xhtml?oid=50101910).
Schlussendlich werden die Parteien in den kommenden Tagen alle anhängigen Rechtsstreitigkeiten zurückziehen, darunter auch die Beschwerde von Daimler gegen Nokia bei der Europäischen Kommission sowie ein anhängiges Verfahren beim Europäischen Gerichtshof (Fall-ID: C-182/21).
Der Patentstreit begann im Frühjahr 2019
Nachdem erste Gespräche zwischen dem Autobauer und dem Mobilfunkunternehmen scheiterten, beschwerten sich Daimler und einige seiner Zulieferer bei der EU-Kommission. Die Begründung, Nokia solle mit seinen standardessentiellen Patenten (SEPs) seine Marktmacht ausnutzen. Zuletzt waren zehn Klagen von Daimler bei den Gerichten anhängig. Zahlreiche Zulieferer von Daimler schlossen sich dem Streit an und erhoben mehrere Nichtigkeitsklagen gegen die Nokia-Patente. Nokia wiederum verklagte Daimler wegen Verletzung mehrerer Patente vor den Landgerichten Düsseldorf, Mannheim und München.
Erste Erfolge im August 2020
Nach einigen Rückschlägen feierte Nokia im August 2020 seinen größten Erfolg. Das Landgericht Mannheim erließ eine einstweilige Verfügung gegen Daimler wegen der Verletzung eines Nokia-Patents (Aktenzeichen 2 O 34/19). Allerdings hat Nokia dieses Urteil aufgrund einer Sicherheitsleistung von 7 Milliarden Euro nie vollstreckt.
Das EuGH sollte es klären
Im November 202O legte die Zivilkammer 4c des Düsseldorfer Gerichts einen Nokia-Fall (Fall-ID: 4c O 17/19) dem EuGH zur Klärung vor. Die Düsseldorfer Richter baten den EuGH zu zehn Detailfragen Stellung zu nehmen. Die Hauptfrage: „Gibt es eine Verpflichtung zur vorrangigen Lizenzierung von Zulieferern“, die sich auf die Produktionskette bezog, galt es zu klären. Die Fragen gingen aber weit über die Frage nach den Anforderungen an eine FRAND-Lizenz in einer Produktionskette hinaus. Vielmehr forderten die Fragen den EuGH auf, die Pflichten des SEP-Inhabers und des Implementierers zu klären, wie sie im Urteil der Unternehmen Huawei vs. ZTE dargelegt wurden. Beide Fragen werden nun auch in Zukunft zwischen den deutschen Patentgerichten umstritten sein, der EuGH wird nun nicht mehr darüber entscheiden. Denn mit der Rücknahme der Klage ist auch das Verfahren in Luxemburg erledigt.
Daimler und Nokia einigen sich – der Weg zum Lizenzvertrag
Zurückblickend hatte Daimler stets betont, dass nicht der Autobauer, sondern seine Zulieferer die Nokia-Patente in Lizenz nehmen sollten. Doch Nokia hatte dies lange abgelehnt. Erst unter dem Eindruck der angedrohten Vorlage beim EuGH hatte Nokia den Daimler-Zulieferern ein Angebot gemacht. Ob die Daimler-Zulieferer in den Lizenzvertrag einbezogen wurden oder nicht, ist zwar nicht bekannt, aber eher wahrscheinlich.
Letztlich dürfte Daimlers Entscheidung, sich zu vergleichen, auf wirtschaftlichen Überlegungen beruhen. Nokia hatte stets auf einen schnellen Abschluss des Lizenzvertrages gedrängt, um schnell von den Lizenzzahlungen zu profitieren. Ein langwieriger Prozess vor dem EuGH wäre nach Ansicht von Experten nicht im Interesse des SEP-Inhabers gewesen.
Die Frage des EuGH, wer in der Lieferkette Anspruch auf eine FRAND-Lizenz hat, wird daher auch weiterhin eine strittige Frage bei zukünftigen Rechtsstreitigkeiten im Bereich verteilter Systeme, insbesondere mit Bezug zur Konnektivität, sein.
Für Daimler heißt es nun noch die offenen Klagen des Avanci-Mitglieds, IP Bridge, zur Klärung zu bringen.
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