Bevor einer Patentanmeldung durch dem Europäischen Patentamt (EPA) zugestimmt wird, bedarf es unter anderem einer finalen positiven Beurteilung seitens der Prüfungsabteilung des EPA. Bei erforderlichen Anpassungen bedarf es dabei einiger wichtiger und zusätzlicher Aktivitäten seitens des Anmelders. Ein Prozess von Europäischen Patentanmeldungen, der oftmals Zeit, Geld und Nerven kosten kann. Aktuelle Änderungen der zuständigen Beschwerdekammer könnten einem gravierenden Problem ein Ende setzen.
Erfordernis der Anpassung der Beschreibung an die Patentansprüche
In der aktuellen Praxis bestehen die Prüfungsabteilungen des Europäischen Patentamtes nicht selten auf umfangreiche Bearbeitungen der Beschreibung zum Patent, um diese in Einklang mit den Patentansprüchen zu bringen. Dieses Erfordernis der Anpassung der Beschreibung basiert auf den verschärften EPA-Prüfungsrichtlinien (F-IV-4.4). Ein Schreckgespenst für Anmelder wie auch für die verantwortlichen Patentanwälte. Denn gerade diese befürchten, dass die Änderungen bei nationalen Gerichten zu Einschränkungen des nationalen wie auch internationalen Anspruchsumfangs führen könnten.
Unabhängig davon ist vielmehr die abweichende Vorgehensweise der Prüfer ein Grund für Frustrationen. Denn einige Prüfer nehmen eine recht lockere Haltung ein und akzeptieren minimale Änderungen der Beschreibung des anzumeldenden Patents. Hingegen bestehen andere Prüfer auf eine sehr strikte Einhaltung der Leitlinien und setzen diese konsequent durch. Die Art und der Umfang der Bearbeitung ist also oftmals abhängig von dem zugewiesenen Prüfer. Die Handhabung dementsprechend variabel und personenabhängig. Final bedeutet dies für den Anmelder, auch wenn Ansprüche als zulässig anerkannt wurden, kann eine Anmeldung aufgrund von Erfordernissen des Artikels 84 EPÜ abgewiesen werden. Abschließend also abhängig von der Handhabung des Prüfers.
In vielen Fällen gibt es auch eine Proaktivität seitens des Prüfers, d.h. es wird ein Vorschlag zur Änderung der Beschreibung und sogar der Ansprüche seitens des Prüfungsamtes gemacht. Der Anmelder kann dann durch bloßes Zustimmen dieser Vorschläge die Prozesse beschleunigen. Genau das zuvor bereits erwähnte Schreckgespenst, welches Patentanwälte fürchten. Als brandgefährlich könnte die von den Prüfungsstellen empfohlene Hinzufügung der Bezeichnung: „in einem von der Erfindung nicht umfassten Ausführungsbeispiel…“, bezeichnet werden. Anmelder, die diesen Änderungsvorschlag umsetzen, gefährden wegen des Auslegungsprotokolls zu Art. 69 EP in erheblichem Maße den Schutzumfang. Dies gilt auch für Änderungsvorschläge des europäischen Patentamtes, entsprechende Textstellen zu streichen. Dies kann für den Anmelder sehr nachteilig sein. Folglich können derartige Inhalte nicht als Grundlage zu einer Änderung der Patentansprüche in nachfolgenden Rechtsbestandsverfahren, insbesondere bei Einsprüchen oder Nichtigkeitsklagen, verwendet werden. Anmelder sollten vorgeschlagene Änderungen daher immer zuvor patentanwaltlich prüfen lassen. Insbesondere bei Änderungen an den Ansprüchen. Nur so kann ein späteres böses Erwachen, in Bezug auf den definierten Schutzumfang, vermieden werden.
Zur Erinnerung Artikel 84 EPÜ besagt: „In den Ansprüchen ist der Gegenstand, für den Schutz begehrt wird, zu bestimmen. Sie müssen klar und prägnant sein und durch die Beschreibung gestützt werden“.
Aktuelle Änderungen der zuständigen Beschwerdekammer
Erfreulicherweise stellte die zuständige Beschwerdekammer zuletzt fest, dass es keine Rechtsgrundlage für diese Erfordernis, die Beschreibung entsprechend den Ansprüchen zu ändern (T 1989/18), gibt. Denn vielmehr sind die Richtlinien ein Leitfaden und damit nicht rechtsverbindlich. Die Beschwerdekammer wies darauf hin, dass Artikel 84 EPÜ somit verlangt, dass die Ansprüche an sich klar sein müssen. Bedeutet also ohne Bezugnahme auf die Beschreibung (wie in T 1127/16 ausführlich erörtert). Artikel 84 EPÜ verlangt, dass die Ansprüche durch die Beschreibung gestützt werden. Zur Erläuterung, ein zusätzlicher Gegenstand in der Beschreibung, der nicht in den Ansprüchen vorkommt, ist drauf basierend nicht verboten.
Das europäische Patentamt beruft sich zwar auf seine eigenen Prüfungsrichtlinien, jedoch binden diese bekanntermaßen nur das Amt und nicht jedoch die Anmelder.
Die Beschwerdekammer prüfte zudem, ob Regel 48 (1) c) EPÜ die Rechtsgrundlage für Beschreibungsänderungen bilden könnte. Diese Regel besagt, dass eine Patentanmeldung „keine Angaben oder sonstigen Angaben enthalten darf, die unter den gegebenen Umständen offensichtlich unerheblich oder unnötig sind“. Die Beschwerdekammer wies darauf hin, dass es keine rechtlichen Hinweise darauf gibt, was als „offensichtlich unerhebliche oder unnötige Angaben“ zu verstehen ist. Erstens bezieht sich Regel 48 (1) c) EPÜ nur auf Patentanmeldungen, nicht auf erteilte Patente (R.11). Zweitens, während die anderen Unterbestimmungen der Regel 48 EPÜ festlegen, dass schwerwiegendere Angelegenheiten nicht in eine Patentanmeldung aufgenommen werden sollten. Beispielsweise „Angelegenheiten, die gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen“. Diese Unterbestimmungen werden nicht als ausreichender Grund für die Verweigerung der Erteilung eines Patents verstanden. Es wäre daher abwegig, Regel 48 EPÜ als Grund für die Ablehnung eines Patents heranzuziehen, nur weil die Beschreibung beispielsweise einen „unnötigen“ Gegenstand enthält.
Glückwunsch, das Patent ist erteilt
Zukünftig haben somit Anmelder eine klare Rechtsprechung der Beschwerdekammern, auf die sie sich berufen können. Insbesondere wenn ein Prüfer unnötige Änderungen an der Beschreibung einer ansonsten zulässigen Anmeldung verlangt. Damit ist es vor allem möglich, umfangreiche Streichungen zu verhindern.
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