Das Einheitspatent ist ein europäisches Patent mit einheitlichem Schutz und gleicher Wirkung in allen teilnehmenden Mitgliedstaaten. Der geografische Geltungsbereich des Einheitspatents wird letztendlich die 25 EU-Mitgliedstaaten umfassen, die sich der verstärkten Zusammenarbeit bei der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes angeschlossen haben (d.h. alle EU-Mitgliedstaaten außer Spanien und Kroatien).
Der geografische Geltungsbereich eines bestimmten Einheitspatents
erstreckt sich jedoch nur auf die Staaten, die das Übereinkommen über ein einheitliches Patentgericht (EPGÜ) zum Zeitpunkt der Eintragung des Einheitspatents ratifiziert haben, und bleibt während der gesamten Laufzeit des Patents unverändert. Dieser wird nicht auf die Staaten ausgedehnt, die es später ratifizieren. Zum Start des Einheitspatents am 1. Juni 2023 umfasst der Geltungsbereich 17 Staaten (AT Österreich, BE Belgien, BG Bulgarien, DE Deutschland, DK Dänemark, EE Estland, FI Finnland, FR Frankreich, IT Italien, LT Litauen, LU Luxemburg, LV Lettland, MT Malta, NL Niederlande, PT Portugal, SE Schweden, SI Slowenien).
Das bekannte Anmelde- und Erteilungsverfahren für ein europäisches Patent beim EPA bleibt nach Inkrafttreten des Einheitspatents unverändert; dies gilt auch für das Einspruchsverfahren und das Beschränkungsverfahren. Die Beschwerdekammern des EPA bleiben auch für Beschwerden zuständig. Das Einheitspatent ist der Erteilung eines europäischen Patents nachgelagert. Das Einheitspatent ist eine Alternative zur bestehenden Möglichkeit der Validierung in den einzelnen Ländern des EPGÜ. Diese Möglichkeit der Validierung bleibt auch nach der Einführung des einheitlichen Patents bestehen.
Nach der Erteilung können Sie entscheiden, ob Sie einen Antrag auf ein einheitliches Patent stellen oder wie bisher in den einzelnen Ländern validieren lassen wollen. Im Falle eines Antrags auf ein einheitliches Patent müssen der Antrag und die Übersetzung innerhalb eines Monats nach der Veröffentlichung der Erteilung eingereicht werden.
Bei einer Anmeldung in englischer Sprache
ist die Vorlage einer Übersetzung in eine andere Amtssprache der Europäischen Union zwingend erforderlich. Einheitlicher Schutz kann für jedes europäische Patent beantragt werden, das am oder nach dem Datum des Inkrafttretens des Einheitspatents am 1. Juni 2023 erteilt wird. Seit dem 1. Januar 2023 ist es möglich, nach Erhalt der Mitteilung nach Regel 71 (3) EPÜ (Erteilungsabsicht) einen Antrag auf Aufschiebung der Erteilung zu stellen. Dieser Antrag ist eine Übergangslösung, um den Antrag auf einheitlichen Patentschutz auch für europäische Patente zu ermöglichen, deren Erteilung bereits vor dem Inkrafttreten des einheitlichen Patents beabsichtigt ist.
Zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung sind keine Gebühren zu entrichten. Die nach der Erteilung fälligen Jahresgebühren sind an das EPA zu zahlen. Eine Übersicht über die Beträge gibt die nachstehende Tabelle.
Jahr |
€ |
Jahr |
€ |
2 |
35 |
12 |
1775 |
3 |
105 |
13 |
2105 |
4 |
145 |
14 |
2455 |
5 |
315 |
15 |
2830 |
6 |
475 |
16 |
3240 |
7 |
630 |
17 |
3640 |
8 |
815 |
18 |
4055 |
9 |
990 |
19 |
4455 |
10 |
1175 |
20 |
4855 |
11 |
1460 |
|
|
Es ist nicht möglich, die Validierung in den teilnehmenden Mitgliedstaaten parallel zum Einheitspatent durchzuführen, aber das Einheitspatent kann in den teilnehmenden Staaten bestehen und die Validierung kann gleichzeitig in den nicht teilnehmenden Staaten durchgeführt werden (z.B. Schweiz, Spanien, Türkei, Polen, UK, Kroatien).
Außerdem erlauben zahlreiche teilnehmende Staaten das parallele Bestehen eines nationalen Patents. Das neu geschaffene Einheitliche Patentgericht (EPG) wird die ausschließliche und zwingende Zuständigkeit für ein Einheitspatent haben. Für herkömmliche europäische Patente kann während einer Übergangszeit von 7 Jahren nach Inkrafttreten des neuen Systems ein sogenannter Opt-out-Antrag gestellt werden. Damit wird die Zuständigkeit des EPG verhindert. Ein solcher Antrag muss beim EPG eingereicht werden (nicht beim EPA!).
Am 1. März 2023 begann eine „Sunset Period“ für die Registrierung von Opt-outs,
bevor das EPGÜ in Kraft tritt. Durch einen solchen Antrag während der Sunset Period kann verhindert werden, dass unmittelbar nach Inkrafttreten des EPGÜ eine Klage beim EPG eingereicht wird, mit der die Zuständigkeit des EPG festgeschrieben würde. Ein wesentlicher Vorteil des Einheitspatents gegenüber der herkömmlichen Validierung sind die geringeren Kosten, wenn Patentschutz in mehr als 4 teilnehmenden Mitgliedsstaaten gewünscht wird. Außerdem müssen keine individuellen Validierungen durchgeführt werden und somit mit Ausnahme der oben erwähnten auch keine weiteren Übersetzungen bei der Erteilung vorgenommen werden. Es werden keine nationalen Jahresgebühren fällig, so dass die Abwicklung der Validierung wesentlich zentralisierter und einfacher ist.
Patentverletzungs- und Nichtigkeitsverfahren in den teilnehmenden Staaten für Einheitspatente können nur in einem zentralen Verfahren vor dem EPG geführt werden. Das bedeutet, dass ein Einheitspatent durch ein einziges Nichtigkeitsverfahren in allen teilnehmenden Mitgliedsstaaten für nichtig erklärt werden kann. Dies stellt ein höheres Risiko dar als das bisherige System, bei dem die einzelnen nationalen Nichtigkeitsverfahren von den nationalen Gerichten unabhängig voneinander behandelt werden und somit die Nichtigkeit des Patents in einem Staat nicht die Nichtigkeit anderer nationaler Patente zur Folge hat. Ein weiterer Nachteil des neuen Systems ist die fehlende Möglichkeit, das Patent auf einzelne teilnehmende Mitgliedsstaaten zu beschränken, da es automatisch in allen teilnehmenden Mitgliedsstaaten wirksam wird.
Bei der Abwägung zwischen Einheitspatent und nationaler Validierung sollte daher vor allem berücksichtigt werden, in wievielen und welchen Ländern Patentschutz gewünscht wird. Der Kostenvorteil des Einheitspatents kommt vor allem dann zum Tragen, wenn ein Schutz in vielen teilnehmenden Mitgliedsstaaten gewünscht wird. Wird dagegen nur Schutz in nicht teilnehmenden Staaten und z.B. in einem teilnehmenden Mitgliedsstaat gewünscht, kann es vorteilhafter sein, die Validierung wie bisher in den einzelnen Ländern durchzuführen.
Weitere Informationen zu Themen rundum das Patentrecht gibt es auf jostarndt.de oder bei Kontaktaufnahme über unser
Kontaktformular.